Seine Kompositionen waren schon in Amerika, Europa und Asien zu hören. Auch eine Auszeichnung bekam er kürzlich in Kalifornien. Der nun 27-Jährige Pianist und Komponist aus Mülheim an der Ruhr gehört zu den absoluten Ausnahmetalenten. In einem Interview hat er mehr über seine Musik und sein Leben erzählt.
Zunächst einmal Gratulation zur Auszeichnung! Hatten Sie mit einem Sieg gerechnet?
Deniz Türkmen: Danke! Nein. Ehrlich gesagt habe ich mich nur aus Spaß beworben. Es war auch meine erste Bewerbung für eine Auszeichnung.
Was war ausschlaggebend für den Sieg?
Deniz Türkmen: Die Jury war sehr überwältigt von meiner Etüde für Klavier und Orchester. Sie hat es zudem als einen „wichtigen Schritt für die Musik“ gelobt. Ich hatte dieses Werk immer nebenbei auf Reisen komponiert.
Sie komponieren schon seit Ihrer Kindheit. Wie sind Sie in dieser Zeit bei Ihren Werken vorgegangen?
Deniz Türkmen: Natürlich war meine Klaviertechnik nicht so fortgeschritten. Ich spielte sehr viel Bach und Mozart, deshalb war da ein großer Einfluss in dem Stil der Barock und Wiener Klassik zu komponieren.
Wie kam die Entwicklung bei Ihren Kompositionen?
Deniz Türkmen: Als Jugendlicher beschäftigte ich mich immer mehr mit den Etüden von Chopin und bekam dadurch auch immer mehr Freiheit auf der Klaviatur. Dadurch traute ich mir mehr zu bei meinen Kompositionen und distanzierte mich von der Barock und Wiener Klassik.
Wie stehen Sie heute zur Barock und Wiener Klassik?
Deniz Türkmen: Ich spiele immer noch viele Komponisten aus diesen Epochen. Ich habe aber eine ganz andere Empfindung als früher. Wenn ich Werke von Bach, Mozart, Haydn oder Beethoven spiele, kommt es mir so vor wie ein Roman wo es in jedem Satz nie über fünf Wörter hinausgeht. Es ist ein Gefühl als würde etwas fehlen.
Wann wurde der Deniz Türkmen geboren so wie die Welt ihn heute kennt?
Deniz Türkmen: Gute Frage. Irgendwann fand ich, dass meine Werke zu sehr beeinflusst sind von Komponisten hier und da. Also entschied ich mich etwas neues zu erschaffen. Es ist sehr gut wenn man sich am Anfang ein Vorbild nimmt um zu komponieren, aber irgendwann sollte man reif werden.
„Poems“ heißt Ihr neuestes Werk. Eine Sammlung von verschiedenen Werken wo Sie an die Grenzen des Machbaren gehen. Kommen Sie da selber ins Schwitzen?
Deniz Türkmen: Sehr sogar. Es gibt einige Passagen wo ich selber sehr konzentriert sein muss, aber ich liebe das Risiko bei Konzerten, weil es mir einen gewissen Kick gibt.
Woher holen Sie diese Ausdauer bei Ihren Konzerten? Haben Sie da eine Formel?
Deniz Türkmen: Sport und eine gesunde Ernährung. Egal was für eine Arbeit man macht. Ein gesunder Körper ist das A und O. Ich jogge in der Woche ab und zu um meinen Körper aktiv zu halten. Ich habe aber nicht jeden Tag einen festen Ernährungsplan wo ich radikal die Kalorien zähle. Im Gegenteil. Ich esse auch Schokolade und Kartoffelchips, aber ich setze ein Limit bei der Menge. Selbstbeherrschung ist im Leben sehr wichtig.
Nun haben Sie auch viele Schüler. Wie stimmen Sie das mit den Konzerten ab?
Deniz Türkmen: Da nehme ich mir Chopin als Beispiel. Er hatte viele Schüler, spielte aber wenige Konzerte. Wenn er sich entschied aufzutreten waren die Karten sehr begehrt und die Leute rauften sich förmlich darum. So haben die Konzerte meiner Meinung nach auch viel mehr Klasse und Charakter.
Gibt es Pianisten, die Sie heute noch inspirieren?
Deniz Türkmen: Da gibt es viele. Ich höre gerne Aufnahmen aus dem 20. Jahrhundert von Rubinstein, Horowitz, Sofronizki, Cortot, Gieseking – ich könnte jetzt etliche Legenden aufzählen.
Gibt es so etwas wie eine beste oder richtige Interpretation für Sie?
Deniz Türkmen: Nein, auf keinen Fall! Horowitz hat zum Beispiel die 2. Klaviersonate von Chopin so oft eingespielt – jede Aufnahme ist so unterschiedlich in Tempo und Dynamik. Das macht die Musik so einzigartig. Man hat vielleicht einen geliebten Menschen verloren und spielt manche Passagen jetzt nachdenklicher und feinfühliger. Oder man hatte einen stressigen Tag und spielt manche Passagen jetzt energischer und aggressiver. Alles was im Leben passiert wirkt sich auf die Interpretation aus.
Hatten Sie mal ein Konzertrepertoire zusammengestellt, dass Sie lieber ausgetauscht hätten?
Deniz Türkmen: (lacht) Ja. Ich hatte mal ein Repertoire mit 8 verschiedenen Komponisten zusammengestellt, hinzu kamen noch eigene Werke.
Welche Frage wird Ihnen immer häufig gestellt?
Deniz Türkmen: Ich werde sehr oft gefragt ob ich mich mehr als einen Deutschen oder mehr als einen Türken sehe. Ich antworte immer damit, dass ich mich mehr als einen Menschen sehe. Sämtliche Nationen und Rassen sind nichts weiter als imaginäre Erfindungen. Es gibt nur eine Nation: Die Welt. Es gibt nur eine Rasse: Den Menschen.
Was ist Ihr Lebensmotto?
Deniz Türkmen: Erschaffe etwas was noch nicht erschaffen worden ist.
Können Sie sich ein Leben ohne Klavier vorstellen?
Deniz Türkmen: Ein Mensch der kein Instrument spielt lebt nicht, sondern existiert nur.
